Literatur zum Heftthema
Elena Deinhammer / Susanne Gillmayr-Bucher / Antonia Krainer / Imelda Rohrbacher (Hg.)
König, Weiser, Liebhaber und Skeptiker. Rezeptionen Salomos
(Studien zu Literatur und Religion Bd 4)
Berlin (Springer)
erscheint 11/2021
ca. € 102,79, ISBN 978-3-662-63587-2
Dieser Band präsentiert die Ergebnisse der ersten umfassenden Studie zur Rezeptionsgeschichte Salomos im deutschsprachigen Raum, die jemals durchgeführt wurde. Das interdisziplinäre Projekt, initiiert von Elisabeth Birnbaum, geleitet von Susanne Gillmayr-Bucher und gefördert vom FWF, hat sich von 2013 bis 2020 mit dem Nachleben des biblischen Königs in Literatur und Musik vom 16. bis zum 21. Jh. befasst.
Im ersten Teil geben die am Projekt beteiligten Bibelwissenschafterinnen thematische Überblicke über die Darstellungen Salomos als Herrscher, Richter, Weiser und Liebender, über seine Beziehungen zu Frauen und über die Verarbeitung des Hoheliedes in Literatur und Musik.
Nach diesen Querschnitten bietet der zweite Teil vertiefende Studien von Spezialist/innen aus den Bereichen Digital Humanities, Literaturwissenschaft, Musikwissenschaft und Theologie zu ausgewählten Werken, Genres und Epochen. Die Anwendung digitaler Methoden in rezeptionsgeschichtlicher Forschung, die Entwicklung der Salomofigur in der Aufklärung, Salomos Rolle im Oratorium des 17.–18. Jh., im Melodram des 19. Jh. sowie im Kunstlied bei Hugo Wolf und in seiner Nachwelt werden thematisiert. Jeweils einem einzigen Werk widmen sich die Beiträge zu den Dramen von Else Torge (»Das Urteil des Salomo«, 1911) und Ernst Hardt (»König Salomo«, 1915) sowie zur Oper »Die Frau ohne Schatten« von Richard Strauss / Hugo von Hofmannsthal (1919).
Dabei werden die vielfältigen Bilder Salomos in der Kulturgeschichte des deutschsprachigen Raumes in gut verständlicher Weise aufbereitet, sodass das Buch für alle Bibel- und Kulturinteressierten eine informative und gewinnbringende Lektüre darstellt.
Heinrich Krauss / Max Küchler
Salomo – Der weise König. Das erste Buch der Könige in literarischer Perspektive
(Erzählungen der Bibel Bd 6)
Freiburg/Schweiz (Paulusverlag) 2012
240 S. € 30,80, ISBN 978-3-7228-0817-8
Die Reihe »Erzählungen der Bibel« geht auf die Besonderheiten biblischen Erzählens ein und verfolgt das Anliegen, die Texte »auch einem Publikum außerhalb der Spezialistenwelt« (9) zu erschließen.
Nach Saul (Bd 4) und David (Bd 5) widmet sich der 6. Band den Erzählungen von Salomo, die in sechs große Erzählabschnitte eingeteilt werden. Zu Beginn wird jeweils die Handlung der betreffenden Kapitel aus 1 Kön kurz zusammengefasst. Darauf folgt der Bibeltext nach der Einheitsübersetzung 1980, von den Autoren thematisch in kurze Abschnitte gegliedert, und zu jedem Abschnitt ein ausführlicher Kommentar, der Querverbindungen zu anderen biblischen Büchern herstellt und viele interessante, für das Verständnis hilfreiche Erklärungen liefert, inklusive zahlreicher Abbildungen, Landkarten und historischer Hintergrundinformationen. Danach wird genauer auf die erzählerische Gestaltung eingegangen und die Struktur des Textes ggf. grafisch veranschaulicht.
Nach einem zusammenfassenden Rückblick (210–213) und einigen Bemerkungen zur Rezeptionsgeschichte Salomos (214–216) wird noch einmal die Verbindung zu David und Saul hergestellt. Ein Anhang (221–240) befasst sich mit der unterschiedlichen Darstellung der Könige in den Königs- und Chronikbüchern.
In leicht verständlicher Sprache und übersichtlichem Layout werden die biblischen Texte für neugierige Leser/innen ohne Vorwissen erschlossen; aber auch jene, die mit den Texten und ihrer Geschichte vertraut sind, können noch manches Neue entdecken.
Ulfrid Kleinert
Das Rätsel der Königin von Saba. Geschichte und Mythos
Darmstadt (wbg Philipp von Zabern) 2015
208 S. € 30,90, ISBN 978-3-8053-4713-6
Der Autor, em. Prof. für Diakoniewissenschaften mit dem Spezialgebiet Sozial- und Religionsgeschichte des Alten Orients, hat sich persönlich auf Reisen nach Jerusalem, in den Jemen und nach Äthiopien begeben, um den Spuren der Geschichte von der Begegnung zwischen Salomo und der Königin von Saba (1 Kön 10,1–13) nachzugehen. Auch wenn diese Begegnung nach gegenwärtigem Stand der Forschung höchstwahrscheinlich nie stattgefunden hat, hat sie in allen drei abrahamitischen Religionen eine reiche Wirkungsgeschichte entfaltet.
Nach einigen Beobachtungen zur Entstehungsgeschichte der Erzählung und intertextuellen Bezügen im AT wird auf die Rezeption im NT eingegangen, bevor ein drittes Kapitel die außerbiblischen Rezeptionen in chronologischer Ordnung präsentiert und so einen Überblick über die beinahe unüberschaubare Fülle ermöglicht. Dazwischen eingefügt sind mehrere Exkurse zu speziellen Themen (wie dem Genderaspekt der Erzählung oder der Geschichte der Bundeslade) und zu Werken der bildenden Kunst, welche Salomo und die Königin von Saba darstellen (z. B. von Raffael und Holbein). Eine Zusammenfassung des aktuellen Standes der archäologischen Forschung (144–148) und eine kurze Darstellung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Rezeption in Judentum, Christentum und Islam (149–152) runden das Werk ab.
Mit zahlreichen Abbildungen und einem Anhang, der die wichtigsten Textdokumente versammelt, bietet es nicht nur zuverlässige Information, sondern ist auch ästhetisch ansprechend und vergnüglich zu lesen, da der Autor es versteht, seine Begeisterung für das Thema mit den Leser/innen zu teilen.
Stefan Heym
Der König-David-Bericht
(Stefan-Heym-Werkausgabe, Romane)
Gütersloh (C. Bertelsmann Verlag) 2021
E-Book. € 14,99, ISBN 978-3-641-27826-7
Anlässlich des 20. Todestags von Stefan Heym am 16. Dezember 2021 bringt der Bertelsmann Verlag eine digitale Werkausgabe heraus. Als Teil derselben ist auch der zwischenzeitlich schon vergriffene »König-David-Bericht« wieder erschienen (Erstveröffentlichung auf Deutsch 1972).
Heyms Roman erzählt von dem Historiker Ethan, der von Salomo beauftragt wird, »einen autoritativen, alle Abweichungen ausschließenden Bericht über das Leben, die großen Werke und heroischen Taten meines Vaters, König David« (10) zu erstellen.
Die sorgfältigen Recherchen Ethans zeigen David jedoch keineswegs als idealen König, sondern als einen skrupellosen Machtmenschen, der buchstäblich über Leichen geht. Obwohl er weiß, dass es gefährlich ist, andere als die von Salomo gewünschten Resultate zu liefern, versucht Ethan, die Wahrheit zumindest versteckt anzudeuten, und findet sich prompt vor Gericht wieder. »Die Anklage […] wand sich durch eine Wirrnis behördlicher Wortungeheuer, aus der einige Ausdrücke wie Verleumdung, […] Verfälschung, und Irreführung, und literarischer Hochverrat herausragten.« (320)
Ethan entgeht der Hinrichtung schließlich nur, weil Salomo fürchtet, sich damit selbst in ein schlechtes Licht zu rücken. Ethan wird verbannt, sein Bericht totgeschwiegen, seine Nebenfrau Lilith in Salomos Harem eingegliedert und das Hohelied, das Ethan für Lilith gedichtet hat, als Salomos Werk ausgegeben.
Mit profunder Bibelkenntnis, Humor und Einfallsreichtum übt Heym nicht nur Kritik am Regime der damaligen DDR, in welcher das Buch bezeichnenderweise nicht gedruckt werden durfte, sondern an jeder Art von Gewaltherrschaft sowie den Mechanismen von Zensur und Propaganda, welche den Totalitarismus erst ermöglichen. Dieses Thema ist mit dem Untergang des Kommunismus keineswegs obsolet geworden, sondern in einer Zeit der weltweiten Bedrohung demokratischer Errungenschaften aktueller denn je.
Peter Busch
Das Testament Salomos. Die älteste christliche Dämonologie, kommentiert und in deutscher Erstübersetzung
(Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur Bd 153)
Berlin – New York (De Gruyter) 2006
322 S. € 139,95, ISBN 978-3-11-018528-7
Das »Testament Salomos« ist eine christliche Schrift aus dem 4. Jh., »eine spannend anmutende Erzählung, die durch eine Rahmengeschichte und zahlreiche Sub-Handlungen geprägt ist« (38). Den Rahmen bildet die Erzählung vom Bau des Tempels: Ein Arbeiter, den Salomo besonders schätzt, wird von einem Dämon gequält. Salomo betet zu Gott und erhält vom Erzengel Michael einen Ring, der ihm Macht über die Dämonen verleiht. Darauf lässt Salomo alle Dämonen vor seinem Thron erscheinen, befragt jeden Einzelnen, welchen Schaden er den Menschen verursacht und durch welchen Engel er besiegt werden kann, und teilt jedem Dämon eine bestimmte Aufgabe beim Bau des Tempels zu. An diese Befragungen schließen sich weitere Erzählungen über Salomo, die Königin von Saba, Salomos Tätigkeit als Richter und seinen Abfall von Gott an.
Peter Busch, apl. Prof. für NT an der Universität Heidelberg mit dem Forschungsschwerpunkt antike Volksreligiosität, hat in diesem Buch, seiner Habilitationsschrift, nicht nur die erste vollständige deutsche Übersetzung des »Testaments« vorgelegt, sondern auch einen ausführlichen Kommentar mit Hintergrundinformationen zu der Umwelt, in welcher der Text entstanden ist.
Dabei werden die intertextuellen Bezüge zwischen den im »Testament« enthaltenen Erzählungen über Salomo, welche in der Literatur späterer Jahrhunderte immer wieder auftauchen, und der Bibel, den Schriften der Kirchenväter sowie anderer antiker Literatur aufgezeigt. Dadurch wird es möglich, manch wundersame Geschichte zu ihren Ursprüngen zurückzuverfolgen. Ganz besonders interessant sind auch die Erklärungen dazu, was Dämonen und Dämonenaustreibung für die Christen der damaligen Zeit bedeuteten und welche Beziehungen zwischen Exorzismus und kirchlicher Beauftragung, Gebet und Askese gesehen wurden.
Elisabeth Birnbaum
Salomo in Barock und Moderne – ein interdisziplinäres Kaleidoskop
In: Régis Burnet / Susanne Gillmayr-Bucher /
Klaus Koenen u. a. (Hg.)
Die Bibel in der Kunst / Bible in the Arts 1 (2017),
S. 1–25, online frei verfügbar:
https://www.bibelwissenschaft.de/die-bibel-in-der-kunst-bible-in-the-arts/
Die Onlinezeitschrift, welche dem interessierten Publikum hochwertige Artikel zur Wirkungsgeschichte der Bibel in Bildender Kunst, Literatur und Musik kostenlos zur Verfügung stellt, wurde im Rahmen der interdisziplinären Tagung »Salomobilder in Barock und Moderne« im Mai 2016 gegründet. Die erste Ausgabe stellt eine Sammlung der Tagungsbeiträge dar.
Der Beitrag von Elisabeth Birnbaum fasst die ungeheure Vielfalt der Salomobilder in Musik und Literatur der Barockzeit und der Moderne von ca. 1890 bis heute in prägnanter Weise zusammen. Nach einem Überblick über die unterschiedlichen Darstellungen Salomos in Bibel und außerkanonischer Tradition werden die Leser/innen auf eine spannende Entdeckungsreise durch die unterschiedlichen Genres geführt, vom Oratorium bis zu satirischen Liedern, von Roman und Drama bis zum Cartoon. Auf welche Weise dabei biblische und legendäre Motive aufgenommen, verarbeitet und zum Teil verfremdet werden, hängt immer auch mit den aktuellen Fragen der jeweiligen Zeit zusammen, sodass eine Wechselwirkung sichtbar wird: Einerseits beeinflussen die Umstände der Zeit die Auslegung der Bibel, andererseits helfen die biblischen Texte und Figuren dabei, die eigene Zeit und ihre Probleme zu verstehen.